Manch einer dachte schon, die Tage des scharfen, stimmlosen ß seien gezählt. Wie zum Beispiel in der Schweiz. Aber nun ist es doch wieder da. Etwas seltener als zuvor, und die Fälle, in denen es verwendet werden muss, sind leichter zu identifizieren.

1. Das scharfe ß wird nach lang gesprochenen Vokalen verwendet. 2 gute Eselsbrücken sind:

die Straße …

Sprechen Sie einfach das a, in die Straße mal kurz aus, also Strasse, klingt eher nach Strasssteinen, als nach einem Weg, oder?

mit freundlichen Grüßen …

Tja, und Grüsse, egal wie freundlich sie sind, wollen wir auch niemandem senden.

Beispiele:

Gesäß
Straße
Muße
Grüße

2. Das scharfe ß wird nach Doppellauten, sog. Diphthongs, verwendet. Diese Laute setzen sich aus 2 Vokalen zusammen.

Beispiele:

Äußerung
reißen
meißeln
draußen
außer
Strauß

Bei dieser Regel muss es allerdings auch Ausnahmen geben. Sonst würden wir plötzlich Geräte außschalten. Die Mauß würde sich nicht mehr wiedererkennen und wir würden plötzlich in einem Hauß wohnen.

Bei diesen Wörtern handelt es sich um Wörter mit einer Auslautverhärtung. Diese werden nach wie vor mit einem einfachen s geschrieben.

In sehr vielen Fällen kann man diese Wörter dadurch identifizieren, indem man sich erweiterte Formen des Ausdrucks ansieht.

Beispiele:

Preis – Preise
Haus – im Hause
graziös – graziöser

usw.

Ein ganz besonders hinterlistiger Vertreter dieser Gattung, ist das Mus.
Man kann ein Pflaumenmus vielleicht mit Muße essen, aber nicht mit einem scharfen ß schreiben, obwohl der Vokal lang gesprochen wird. Klassischer Fall von Auslautverhärtung.

Die zweite Ausnahme sind Eigennamen.

Der bekannteste Klassiker dürfte die Litfaßsäule sein. Der Erfinder Litfaß schrieb sich im alten (Süterlin-) Deutsch mit sz. Dem Buchstaben, aus dem unser scharfes s hervorging. So kommt es zu der ungewöhnlichen Kombination aus einem ß und einem s.