Anatomie eines Dialoges
Dialoge in Romanen sind das buchstäbliche Salz in der Suppe. Ohne Dialoge wäre es keine richtige Geschichte. Doch wie schreibt man gute Dialoge? Was macht gute Dialoge aus? Betrachten wir zunächst drei typische Bestandteile einer Geschichte und deren Eigenschaften:
1. Die narrative Erzählung.
2. Die szenische Beschreibung (siehe auch „zeigen, nicht erzählen“).
3. Der Dialog
Die narrative Erzählung ist ein kurzer, zusammenfassender Schreibstil. Diese Erzählform verwendet man beispielsweise in einem Exposé, um die Geschichte kurz zu umreißen. In einem Roman wird sie möglichst nur dort verwendet, wo man relativ unwichtige, aber für die Vollständigkeit notwendige Informationen, unterbringen muss. Der Leser spürt, dass diese Teile, im Gegensatz zur szenischen Beschreibung nur Nebensache oder Beiwerk sind.
Die szenische Beschreibung, unser geliebtes „show, don’t tell“, ist ausführlich, schafft Atmosphäre und verleit, hoffentlich, der Geschichte eine dichterische Größe. In dieser Erzählform hat man die Möglichkeit, je nachdem wie ausladend die Beschreibung ist, dem Beschriebenen eine Gewichtung mitzugeben.
Der Dialog dürfte die Königsdisziplin im kreativen Schreiben sein. Ein geschickter Erzähler kann praktisch alles in einen Dialog packen. Es kann ein sachlich, wissenschaftliches Gespräch sein, ein wilder Streit oder ein eindeutig zweideutiger Flirt. Man sollte in einem Dialog immer das Verhältnis aus direkter Rede und szenischer Beschreibung im Auge behalten. Viel direkte Rede schafft Spannung. Mehr szenische Beschreibung zwischen der direkten Rede schafft Ruhe und regt zum Nachdenken an.
Zunächst ein paar Tipps zur Formatierung von Dialogen. In der Schule haben wir gelernt, dass die direkte Rede aus der Rede zwischen den Anführungsstrichen und einem vorangestellten Begleitsatz mit einem Doppelpunkt besteht. Etwa so:
Peter sagte: „Verdammt kalt heute!“
Man kann den Begleitsatz mithilfe eines Kommas auch nachstellen:
„Verdammt kalt heute!“, meinte Peter.
(Beachten Sie hier auch die Interpunktion. Siehe auch Links und Downloads Typografie.)
Ja und da haben wir auch schon das erste Problem. Wenn wir das eine Weile so treiben, dann steht in unserem Dialog: Peter sagte: „Dies.“ Dings sagte: „Jenes.“ Peter antworte dann: „Dasda.“ Dann sagte Dings wieder: „Und so weiter und so weiter.“
Kurz: Das wird schnell langweilig und wirkt sehr statisch. Man bemerkt sehr schnell, dass einem die Vokabeln ausgehen, um sinnvolle Begleitsätze zu formulieren, in denen der Leser mitgeteilt bekommt, wer gerade was sagt. Das ist durchaus wichtig, aber da wo klar ist, wer etwas sagt, kann man sich diesen Begleitsatz sparen. Wieder einen Punkt für die Spannung.
Wenn man, wie in einem Theaterstück, eine klare Folge von Frage und Antwort hat, kann man das eine Weile so durchhalten. Wenn aber noch szenische Beschreibungen dazu kommen und, wenn es die Erzählperspektive hergibt, die Gedanken eines oder mehrerer Beteiligter, dann kann der Leser schnell den Überblick verlieren, wer etwas sagt. Ab und zu kann man dann einfließen lassen, wer gerade redet. Es gibt aber noch mehr Tricks, wie man dies dem Leser signalisieren kann.
1. Man baut einfach den Namen des Gegenübers ein. Zum Beispiel:
„Also hör mal Peter, Du bist halt zu dünn angezogen.“
So ist die innere Orientierung des Lesers sofort wieder richtig justiert.
2. Man verwendet typische Eigenarten, die man den handelnden Personen angedichtet hat und die der Leser sofort identifizieren kann. Das kann ein Dialekt sein, eine Phrase, die eine Person immer wieder gern verwendet, eine typsche Interjektion und so weiter.
„Näh, ich bin nicht zu dünn angezogen. Krutzifixnocheins!“
Richtig kompliziert wird es, wenn mehr als zwei Personen an einem Dialog beteiligt sind. Hier empfiehlt es sich, zwei zentrale Sprachführer darzustellen. Wenn andere Personen am Dialog teilnehmen, muss man das unmissverständlich klarmachen, sonst kommt beim Leser Chaos an.
3. Eine besondere Herausforderung ist es, einem Helden seine ganz eigene Sprache zu geben. Das heißt einen eigenen Wortstamm. In extremen Fällen kann man ihm auch eine eigene Grammatik geben. Das kennt man zum Beispiel von dem „Jedi-Meister Yoda“ oder dem seltsamen Geschöpf „Smirgol“ in Tolkiens „Herr der Ringe.
Absolut meisterhaft ist das verquere Kauderwelsch der Amtmänner Holzapfel und Schlehwein in William Shakespeares „Viel Lärm um nichts.“.